Ratenkredite 35 Prozent teurer als zu Jahresbeginn – Banken rechnen mit weiterem Zinsanstieg
04.10.2022 | 09:17
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox
Heidelberg. Im Zuge der Zinswende sind auch die Zinsen für Ratenkredite in den letzten Monaten deutlich gestiegen. Im Marktdurchschnitt sind Kredite heute 35 Prozent teurer als Anfang dieses Jahres. Im günstigen Marktsegment sind die Zinsen aktuell sogar 65 Prozent höher als noch im Januar. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Analyse von Verivox. Wie eine Befragung von 13 kreditgebenden Banken zeigt, erwartet die Mehrheit der Geldhäuser auch in den nächsten Monaten steigende Zinsen.
65 Prozent Kostenplus im günstigen Marktsegment
Zwölf von 13 Banken in der Verivox-Befragung haben in den letzten 3 Monaten ihre Zinsen erhöht (einmal keine Angabe). Wie die Auswertung des Vergleichsportals zeigt, folgten die Kreditinstitute damit der allgemeinen Marktentwicklung. Anfang des Jahres lagen die Ratenkreditzinsen im Marktdurchschnitt noch bei 4,98 Prozent und stiegen seitdem auf aktuell 6,72 Prozent. Somit haben sich Kredite im Laufe des Jahres im Schnitt um 35 Prozent verteuert. Für die Analyse hat Verivox knapp 1 Million Finanzierungsangebote ausgewertet, die Kreditinteressierte über das Vergleichsportal erhalten haben.
Im Zuge des Kreditvergleichs richten Verbraucher ihre Finanzierungsanfrage nicht nur an eine, sondern an über 20 Banken auf einmal. Aus allen erhaltenen Angeboten wählen sie für ihren Kreditabschluss dann ein besonders günstiges aus. Wie die Zinsauswertung zeigt, haben sich Ratenkredite in diesem günstigen Segment noch stärker verteuert als im Marktdurchschnitt. Mit 4,92 Prozent ist der mittlere Zinssatz der tatsächlich abgeschlossenen Ratenkredite zwar immer noch deutlich niedriger als der durchschnittliche Marktzins. Zu Jahresbeginn lag er allerdings nur bei 2,98 Prozent. Somit sind Kredite im günstigen Preissegment sogar um 65 Prozent teurer geworden.
„Nach jahrelanger Talfahrt erleben wir bei den Ratenkreditzinsen jetzt einen Anstieg von historischem Ausmaß“, sagt Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH. „Natürlich spielen die letzten Notenbankentscheidungen dabei eine wichtige Rolle. Doch schon weit vor der ersten Leitzinserhöhung im Juli hatte der Markt die erwartete Zinswende eingepreist. Seit dem Frühjahr steigen die Ratenkreditzinsen immer weiter und ein Ende ist nicht in Sicht. In den kommenden Wochen dürften sich Kredite weiter verteuern.“
Unsicherheit treibt die Zinsen weiter in die Höhe
Auch ein Großteil der Kreditinstitute rechnet damit, dass die Zinsen weiter steigen. Verivox hat insgesamt 13 Banken mit Ratenkreditgeschäft gefragt, wie sich die Konditionen in ihrem Haus in den kommenden drei Monaten voraussichtlich entwickeln werden. Acht Banken halten es für wahrscheinlich, dass die Zinsen weiter anziehen, nur drei Institute gehen von einem konstanten Niveau aus. Zwei Geldhäuser haben zu dieser Frage keine Angabe gemacht. Dass die Zinsen in Kürze wieder sinken werden, glaubt keines der befragten Geldhäuser.
Neben der Aussicht auf weitere Leitzinssteigerungen treibt auch die Ungewissheit über die künftige Wirtschaftsentwicklung die Zinsen in die Höhe. „In einer drohenden Rezession könnten viele Kreditinteressierte schon bald von Jobverlust und Einkommenseinbußen bedroht sein. Zudem ist nur schwer absehbar, wie stark die inflationsbedingt steigenden Preise die Haushaltsbudgets der Verbraucher in Zukunft zusätzlich belasten und wie viel Geld dann noch für die Kreditrate zur Verfügung steht“, erklärt Oliver Maier. „Dieses zusätzliche Risiko bepreisen viele Kreditinstitute mit einem Zinsaufschlag.“
Banken werden strenger bei der Kreditprüfung
Darüber hinaus reagieren einige Banken auf die prekäre wirtschaftliche Lage mit einer Verschärfung ihrer Vergaberichtlinien und setzen bei der Überprüfung der Kreditwürdigkeit inzwischen strengere Maßstäbe an. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass Kreditinteressierte ein höheres Mindesteinkommen oder in der Haushaltsrechnung einen höheren monatlichen Überschuss vorweisen müssen. Fünf der von Verivox befragten Banken geben an, dass sie ihre Richtlinien für die Kreditvergabe in den letzten drei Monaten verschärft haben. Drei Institute rechnen damit, dass die Vergaberichtlinien im eigenen Haus in den kommenden drei Monaten strenger werden.
Knapp 1.000 Euro Sparpotenzial durch günstige Kredite
Bei steigenden Zinsen und strengeren Bonitätsanforderungen wird es für Verbraucher schwieriger, größere Anschaffungen mit einem Kredit zu finanzieren. „Die Kriterien bei der Kreditprüfung sind aber nicht einheitlich“, sagt Oliver Maier. „Oft erhalten Verbraucher von einigen Banken ein Kreditangebot, obwohl andere Anbieter die Finanzierungsanfrage ablehnen.“ Wer den gewünschten Kredit nicht nur bei einer, sondern bei mehreren Banken anfragt, verbessert seine Aussichten auf ein Darlehen und erhöht zugleich die Chance auf günstige Zinsen.
Wie sehr sich der Anbietervergleich auszahlt, verdeutlicht ein Rechenbeispiel: Wer einen Ratenkredit über 20.000 Euro mit 5 Jahren Laufzeit zum durchschnittlichen Marktzins von 6,72 Prozent abschließt, muss dafür insgesamt 3.491 Euro Zinsen zahlen. Bei einem günstigen Kredit zum Zinssatz von 4,92 Prozent wären die Gesamtkosten 949 Euro niedriger.
Methodik
Über Verivox können Verbraucherinnen und Verbraucher Ratenkredite bei 23 Banken und Kreditvermittlern abschließen. Ausgewertet wurden die Durchschnittszinsen sämtlicher Kreditangebote, die Verivox-Kunden seit Jahresbeginn von diesen Banken erhalten haben. Bei den Kreditabschlüssen wurde der sogenannte Median-Zinssatz ausgewertet. Er ist repräsentativ für breite Kundengruppen. Die Hälfte aller Verivox-Kunden schloss ihren Kredit zu diesem oder einem günstigeren Zinssatz ab. Die Auswertung basiert auf insgesamt knapp 1 Million Finanzierungsangeboten.
Für die Bankenbefragung hat Verivox seine Kooperationspartner zur aktuellen und künftigen Entwicklung des Ratenkreditgeschäfts befragt. 13 Kreditinstitute haben an der Umfrage teilgenommen.