Telekommunikation und Energie: Zwei geöffnete Märkte, zwei unterschiedliche Wege
07.08.2014 | 10:47
Heidelberg. Während die Preise für die Handy-, Telefon- und Internetnutzung über Jahre massiv gesunken sind, kennen die Strom- und Gaspreise nur noch eine Richtung: nach oben. Diese Schere ist bemerkenswert, weil beide Märkte im gleichen Jahr geöffnet wurden.
Das unabhängige Verbraucherportal Verivox hat in einer Gegenüberstellung der beiden Märkte festgestellt, dass unterschiedliche Markttreiber für die ungleiche Entwicklung verantwortlich sind. Während Telefon- und Internetkunden immer häufiger wegen besserer Inklusivleistungen den Anbieter wechseln, ist für Strom- und Gaskunden in erster Linie der Preis des Angebotes Anreiz zum Wechsel.
Gute Voraussetzungen für dynamischen Wettbewerb
Beide Märkte wurden 1998 liberalisiert. Es folgten verschiedene regulative Maßnahmen, um den Wettbewerb anzukurbeln: So musste der ehemalige Telekommunikations-Monopolist Deutsche Telekom unter anderem seinen Wettbewerbern Vorleistungsprodukte für schnelles Internet zur Verfügung stellen und sich über Jahre seine Tarife vorab genehmigen lassen. Auf dem Energiemarkt gibt es für größere Unternehmen sogar die Pflicht zur rechtlichen Trennung von Netz und Vertrieb. Trotzdem blieb hier die Pflicht zur Grundversorgung bestehen, so dass Strom- und Gaskunden stets unterbrechungsfrei wechseln können – anders als Telefon- und Internetkunden. Beide Märkte bieten also gute Voraussetzungen für einen dynamischen Wettbewerb. Die rasante technische Entwicklung sorgt auf dem Telekommunikationssektor allerdings für zusätzliche Anreize, die den Preis als Wechselgrund Nummer eins – anders als auf dem Energiesektor – zunehmend in den Hintergrund rücken.
Wechselanreize auf dem Telekommunikationsmarkt
„Auf dem Telekommunikationsmarkt wurde in den letzten 16 Jahren viel richtig gemacht“, sagt Verivox-Telekommunikationsexperte Sven Ehrmann. Kunden profitieren von einem stark verbesserten Preis-Leistungs-Verhältnis und insbesondere auf dem Mobilfunkmarkt von immer flexibleren Tarifen: Verträge und Endgeräte können separat gebucht werden, immer öfter entfallen auch Mindestvertragslaufzeiten. „Auf dem Telekommunikationssektor wechseln Verbraucher nicht mehr nur wegen günstigerer Preise, sondern zunehmend wegen besserer Inklusivleistungen“, weiß Ehrmann. „Ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis, oft kombiniert mit hochwertiger Technik, ist der wichtigste Anreiz zum Wechsel des Anbieters.“
Was den Verbraucher auf dem Energiemarkt erwartet
Die Situation auf dem Energiemarkt ist eine ganz andere: Obwohl der Wettbewerb unter den Energieversorgern weiter zunimmt und Verbraucher meist unter einer dreistelligen Anbieterzahl an ihrem Wohnort wählen können (zum Vergleich: bei DSL sind es keine 20), steigen die Preise. Hierbei spielen externe Einflüsse eine große Rolle, etwa der hohe Lastenanteil, den der Staat über den Strompreis verteilt. „Markttreiber auf dem Energiesektor ist in erster Linie der Preis – wie meist, wenn ein Produkt über eine längere Zeitspanne immer teurer wird“, erläutert Jan Lengerke, Mitglied der Geschäftsleitung von Verivox. „Außerdem spielen auch Service, Regionalität und Qualität des Produkts, etwa bei Ökotarifen, eine gewisse Rolle.“
Lengerke geht davon aus, dass Verbraucher auch auf dem Energiemarkt immer größere Flexibilität erwarten können: „Schon heute ist die Preispolitik der Versorger sehr unterschiedlich. Somit eröffnen sich hohe Sparpotenziale für Verbraucher, die ihren Anbieter wechseln. Die Angebotsvielfalt wird weiter zunehmen, außerdem rücken die Märkte näher zusammen: So schalten beispielsweise sowohl Internet- als auch Energiekonzerne immer mehr Angebote für eine intelligente Haussteuerung, die zusätzlich zum normalen Tarifangebot erhältlich sind. Außerdem gibt es inzwischen sogar Stromtarife, in denen Telekommunikations-Hardware angeboten wird.“