Bürgerversicherung
Bei der Bürgerversicherung handelt es sich um ein Modellkonzept für eine Kranken- und Pflegeversicherung. Dabei soll die Trennung zwischen gesetzlicher (GKV) und privater Krankenversicherung (PKV) wegfallen. Lediglich Zusatzleistungen würden weiterhin privat abgesichert bleiben, da der Bürgerversicherungstarif diese nicht einschließt. 2003 erarbeitete die Rürup-Kommission (eine von der damaligen Bundesregierung eingesetzte Gesundheitsexpertenrunde) das Konzept der Bürgerversicherung. Der Hauptgedanke dieses Konzepts liegt darin, dass alle Bürger mit allen Einkommen in eine einheitliche Gesundheitsversicherung einzahlen.
- Welche Änderungen würde es durch eine Bürgerversicherung geben?
- Aufnahme und Leistungen der Bürgerversicherung
- Befürworter der Bürgerversicherung
- Gegner der Bürgerversicherung
- Verwandte Themen
- Weiterführende Links
Das Wichtigste in Kürze
- Die Bürgerversicherung, die auch als „Volksversicherung“ bezeichnet wird, wäre der Nachfolger des heutigen zweiteiligen Gesundheitssystems.
- Unabhängig vom Alter oder Gesundheitszustand eines Kunden wären die Bürgerversicherungen verpflichtet, diesen aufzunehmen.
- Die gesetzlichen Krankenversicherungen sollen durch deren Einführung höhere Einnahmen erzielen, wodurch ein höheres Leistungsniveau in der Grundversorgung ermöglicht würde.
- Allerdings könnte die Umwandlung des Krankenversicherungssystems zum Verlust von Arbeitsplätzen und zur schlechteren medizinischen Versorgung führen.
Welche Änderungen würde es durch eine Bürgerversicherung geben?
Die Bürgerversicherung, die auch als „Volksversicherung“ bezeichnet wird, wäre der Nachfolger des heutigen zweiteiligen Gesundheitssystems aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung. Alle Bürger der Bundesrepublik Deutschland würden bei einer Einführung einen bestimmten Prozentsatz ihrer Einkünfte in die neue Versicherung einzahlen. Das bedeutet, dass neben Löhnen und Gehältern auch Einnahmen aus selbstständigen Tätigkeiten, Mieteinnahmen oder sonstigen Einkünften eingerechnet würden.
Beitragssatz und Beitragsbemessungsgrenze
- Beitragssatz: Die Kassen hätten in der Bürgerversicherung bezüglich der Beitragshöhe weiterhin freie Hand, wodurch der Preiswettbewerb erhalten bleiben würde. Dafür würden aber mögliche Zusatzbeiträge wegfallen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber würden den gleichen Anteil in die Versicherung einzahlen. 2017 liegt der durchschnittliche Zusatzbeitrag übrigens bei 1,1 Prozent.
- Beitragsbemessungsgrenze: Auch die Volksversicherung soll eine Beitragsbemessungsgrenze enthalten. Allerdings ist unter den befürwortenden Parteien noch umstritten, wie hoch diese liegen soll. Die SPD und die Grünen wollen die Beitragsbemessungsgrenze von aktuell 4.350 Euro auf das Niveau der gesetzlichen Rentenversicherung anheben. In diesem Fall müssten Versicherte mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von bis zu 6.350 Euro (alte Bundesländer) beziehungsweise 5.700 Euro (neue Bundesländer) in die Krankenkassen einzahlen. Die Linkspartei möchte dagegen die Beitragsbemessungsgrenze komplett abschaffen, wodurch Besserverdiener deutlich höher belastet werden würden.
Aufnahme und Leistungen der Bürgerversicherung
- Aufnahme von Versicherten: Unabhängig vom Alter oder Gesundheitszustand eines Kunden wären die Bürgerversicherungen verpflichtet, diesen aufzunehmen – hierin würde man sich also an der heutigen Art einer gesetzlichen Kranenversicherung orientieren. Privatversicherte könnten somit in die GKV bedenkenlos zurückkehren. Sie hätten zuvor für ein Jahr die Möglichkeit, der Bürgerversicherung probehalber beizutreten. Da es eine Zwangsmitgliedschaft nur für erstmalig Versicherte geben soll, könnten Privatversicherte aber auch in ihrer PKV bleiben.
- Leistungen: Die Leistungen der Bürgerversicherung würden denen der heutigen GKV entsprechen. Bürger könnten außerdem eine private Zusatzversicherung abschließen, wenn ihnen die normalen Leistungen nicht ausreichen.
Familienversicherung
Familienmitglieder sollen in der Volksversicherung wie in der GKV mitversichert werden. Allerdings gäbe es auch hier einen kleinen Unterschied zwischen den Konzepten der Parteien. Während die SPD diese Regelung ohne Ausnahme fortführen will, möchten die Grünen Paare, bei denen beide Partner verdienen, nicht weiter bevorzugen. Mittels eines Beitragssplittings soll das Haushaltseinkommen auf beide Partner verteilt und dabei jeweils die Beitragsbemessungsgrenze angewendet werden. Wenn einer der Partner jedoch nicht arbeitet, weil er oder sie sich beispielsweise in Elternzeit befindet, greift diese Regelung nicht. Außerdem bleiben Kinder auch im Konzept der Grünen ohne Zusatzbeitrag mitversichert.
Altersrückstellungen
Krankenkassen der PKV bilden für ihre Versicherten Rückstellungen, um die Beiträge im Alter konstant halten zu können. Wechselt ein Versicherter den PKV-Anbieter, muss er einen deutlichen Abschlag dieser Rücklagen hinnehmen. Durch die Einführung der Bürgerversicherung wäre dagegen ein Wechsel zu einer anderen PKV ohne Verluste möglich. Privatversicherte könnten ihre Altersrückstellungen komplett mitnehmen. Die Rücklagen würden in der Folge entweder an die einzelnen Versicherten ausgezahlt oder für die Senkung des allgemeinen Beitragssatzes verwendet werden.
Befürworter der Bürgerversicherung
Die SPD, die Grünen und die Linkspartei befürworten die Umwandlung der bestehenden Krankenversicherung in eine Volksversicherung. Die gesetzlichen Krankenversicherungen sollen durch deren Einführung höhere Einnahmen erzielen, wodurch ein höheres Leistungsniveau in der Grundversorgung ermöglicht würde.
Die nach Auffassung der genannten Parteien heute vorherrschende „Zwei-Klassen-Medizin“ soll dadurch abgeschafft werden. Hierdurch würden alle Versicherten gleich gut behandelt und die großen Unterschiede, was beispielsweise die Wartezeiten beim Arzt betrifft, wären nur noch sehr gering. Des Weiteren könnte der Beitragssatz demnach sinken, da alle Bürger auf lange Sicht Mitglied in der Bürgerversicherung wären und alle Einkommensarten erfasst würden. Neben der SPD, den Grünen und der Linkspartei unterstützen auch die GKV das Konzept. Sie könnten höhere Einnahmen verzeichnen. Profitieren würden vor allem Privatversicherte, die unter hohen Beiträgen leiden.
Gegner der Bürgerversicherung
Die Union (CDU/CSU), FDP, Ärzteschaft und PKV lehnen die Einführung einer Volksversicherung ab. Tausende Arbeitsplätze würden in der PKV und bei Versicherungsmaklern wegfallen. Außerdem dürften die Einnahmen von Ärzten und Krankenhäusern deutlich sinken, da es weniger Privatpatienten gibt. Das hätte eine schlechtere medizinische Versorgung zur Folge. Zudem gäbe es laut den Kritikern keinen Wettbewerb zwischen GKV und PKV, weshalb sich die Leistungen für die Versicherten verschlechtern würden. Wirtschaftsverbände warnen außerdem vor einer höheren Beitragsbelastung für Unternehmen mit gut bezahlten Angestellten, da höhere Krankenversicherungsbeiträge zu zahlen wären.
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