Festgeld: Erstmals seit der Zinswende wieder positive Realzinsen möglich
Stand: 26.10.2023
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox
Bis zu 4,75 Prozent Zinsen – zum ersten Mal seit der Zinswende können sich Sparer mit klassischen Festgeldanlagen Erträge oberhalb der aktuellen Inflationsrate sichern. Die Ära des anhaltenden Zinsanstiegs könnte aber bald ein Ende haben: Mit einem Plus von 0,02 bis 0,04 Prozentpunkten sind die Durchschnittszinsen aller ausgewerteter Termingelder im laufenden Monat so schwach gestiegen wie seit dem Frühjahr 2022 nicht mehr. Beim Tagesgeld bietet noch immer gut ein Viertel aller Banken Null- oder Niedrigzinsen. Das zeigt eine aktuelle Zinsauswertung des Vergleichsportals Verivox.
Top-Festgelder bringen eine positive Realrendite
Gute Nachrichten für Sparer: Aufgrund der zuletzt deutlich gesunkenen Inflationsrate (aktuell 4,5 Prozent) können sich Anleger nach jahrelanger Durststrecke aktuell wieder positive Realzinsen sichern. Festgeldanlagen mit einem Jahr Laufzeit werden beim derzeitigen Top-Anbieter im Markt mit 4,75 Prozent verzinst.
"Für Sparer ist die Rückkehr positiver Realzinsen eine wichtige Zäsur", sagt Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH. "Zwar liegt der Realzins durchschnittlich verzinster Festgeldanlagen mit minus 1,18 Prozent noch immer im Negativbereich. Aber zum ersten Mal seit Jahren ist es überhaupt wieder möglich, mit einer sicheren Festgeldanlage so hohe Erträge zu erzielen, dass der Kapitalzuwachs durch Zinsen höher ausfällt als der gleichzeitige Wertverlust durch die laufende Teuerung."
Die höchsten Zinssätze im Markt bieten Banken mit Sitz im europäischen Ausland. Geldhäuser mit deutschem Einlagenschutz zahlen in der Spitze nur 4,15 Prozent Festgeldzinsen. EU-weit sind Anlagesummen bis 100.000 Euro pro Bank und Kunde durch die gesetzliche Einlagensicherung geschützt. Im Falle einer Bankenpleite würden Anleger aus dem nationalen Einlagensicherungssystem des Landes entschädigt, in dem das Kreditinstitut ansässig ist. Die größte Sicherheit bieten deshalb Banken aus besonders wirtschaftsstarken Ländern wie Frankreich, wo das Kreditinstitut mit dem marktweiten Spitzenzinssatz beheimatet ist.
Kaum noch Zinsanstieg beim Festgeld
Nach einer rund anderthalbjährigen Periode steigender Zinsen deutet sich eine Trendwende an. Im laufenden Monat stieg der Durchschnittszins bundesweit verfügbarer Festgeldangebote mit ein, zwei und fünf Jahren Laufzeit so wenig wie seit dem Frühjahr 2022 nicht mehr. Für einjährige Termingeldanlagen zahlen bundesweit aktive Banken aktuell durchschnittlich 3,31 Prozent Zinsen, was verglichen mit dem Monatsanfang einem Plus von nur 0,04 Prozentpunkten entspricht. Zweijährige Festgelder bringen derzeit im Schnitt 3,36 Prozent Zinsen (plus 0,03 Prozentpunkte zum Monatsanfang). Beim fünfjährigen Festgeld sind die Zinsen sogar nur noch um 0,02 Prozentpunkte auf aktuell durchschnittlich 3,2 Prozent gestiegen.
"Bei den mittel- und langfristigen Festgeldern preist der Markt die erwartete Zinsentwicklung heute schon ein", sagt Oliver Maier. "Ein Großteil der Markteilnehmer rechnet in Zukunft eher mit konstanten oder sogar wieder sinkenden Zinsen. Dass der Zinsanstieg beim Festgeld allmählich zum Stillstand kommt und langfristige Festgelder im Schnitt schwächer verzinst werden als kürzer laufende Anlagen, sind dafür deutliche Indizien. Momentan deutet viel darauf hin, dass die Festgeldzinsen ihren Gipfel bald erreicht haben."
Viele Tagesgeldanleger gehen immer noch leer aus
Viele Tagesgeldanleger profitieren hingegen bis heute kaum von steigenden Zinsen. Bei 27 Prozent (198 Institute) der insgesamt 747 von Verivox ausgewerteten Banken und Sparkassen mit mindestens einem Tagesgeldangebot erhalten Sparer maximal 0,25 Prozent Zinsen – einige davon bieten überhaupt keine Verzinsung. Die Kreditinstitute selbst streichen hingegen 4 Prozent Zinsen ein, wenn sie Spargelder ihrer Kunden bei der Europäischen Zentralbank parken. "Der Einlagezins der EZB ist so hoch wie nie zuvor in der Geschichte der Eurozone", sagt Oliver Maier. "Doch noch immer geben insbesondere viele Regionalbanken die hohen Zinsen nicht an ihre Kundinnen und Kunden weiter."
26 Prozent (82 Institute) der insgesamt 317 Sparkassen in der Verivox-Auswertung zahlen für Guthaben auf dem Tagesgeldkonto nur Null- oder Niedrigzinsen von maximal 0,25 Prozent. Noch höher ist dieser Anteil mit 32 Prozent (112 Institute) unter den 348 ausgewerteten regionalen Genossenschaftsbanken, also den örtlichen Volks- und Raiffeisenbanken sowie die PSD- und Sparda-Banken. In beiden Institutsgruppen liegt der Durchschnittszins bei lediglich 0,54 Prozent. Weniger als ein Fünftel der Sparkassen (18 Prozent) und Genossenschaftsbanken (19 Prozent) zahlt Tagesgeldzinsen in Höhe von 1 Prozent und mehr.
Zum Vergleich: Unter den insgesamt 82 bundesweit aktiven Banken ist dieser Anteil mit 80 Prozent mehr als vier Mal so hoch. In diesem Segment liegt der durchschnittliche Tagesgeldzins bei 1,63 Prozent. Top-Anbieter zahlen aktuell bis zu 4 Prozent Zinsen aufs Tagesgeld. Bei diesem Zinssatz werfen 10.000 Euro in einem Jahr Erträge in Höhe von 400 Euro ab – 346 Euro mehr als bei einer Anlage zum aktuellen Durchschnittszins der Sparkassen und Volksbanken.
Methodik
Für die Zinsanalyse hat Verivox die Konditionen von rund 800 Banken und Sparkassen für eine Anlagesumme von 10.000 Euro ausgewertet. Berücksichtigt wurden sämtliche Kreditinstitute mit Tages- und Festgeldangeboten, die ihre Zinsen frei zugänglich auf ihrer Website veröffentlichen – darunter befanden sich 747 mit mindestens einem Tagesgeldangebot. Einige Banken veröffentlichen ihre Zinsen nicht online – darunter möglicherweise auch weitere mit Null- und Niedrigzinsen.
Im regionalen Sektor wird zwischen Sparkassen und Genossenschaftsbanken unterschieden. In beiden Institutsgruppen gibt es einzelne Häuser, die ihr Tagesgeld deutschlandweit anbieten und deshalb den bundesweit verfügbaren Angeboten zugeordnet wurden. Stichtag der Auswertung ist der 20.10.2023.