Aufseher drängen Versicherer zum Umbau der Geschäftsmodelle
Stand: 19.11.2015
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Frankfurt/Main - Die Europäische Versicherungsaufsicht Eiopa hält die Versicherer dazu an, ihre Geschäftsmodelle grundlegend umzubauen. Insbesondere angesichts der anhaltenden Niedrigzinsen sollten die Unternehmen die notwendigen Schritte vornehmen, bevor die 2016 startenden neuen Aufsichts- und Kapitalregeln mit dem Namen "Solvency II" in vollem Maße greifen, sagte Eiopa-Präsident Gabriel Bernardino bei der Jahreskonferenz der Behörde am Mittwoch in Frankfurt.
Unterdessen will er die Investitionen der Versicherer in Staatsanleihen stärker unter die Lupe nehmen.
Damit zieht Bernardino die Lehre aus der Euro-Schuldenkrise. "Die jüngste Finanzkrise hat uns allen gezeigt, dass Staatsanleihen nicht immer risikofrei sind. Die "Solvency II"-Regeln sollten daher unter diesem Aspekt überprüft werden. Der Eiopa-Chef will verhindern, dass finanzielle Probleme einzelner Staaten Teile der Bank- und Finanzbranche in Schieflage bringen. Die Aufseher sollten seiner Ansicht nach Anreize schaffen, um eine starke Konzentration auf bestimmte Staatsanleihen zu vermeiden.
Bislang gelten EU-Staatsanleihen in der Kapitalanlage der Versicherer als risikofrei. Im Gegensatz zu Anlagen in Aktien, Immobilien oder Stromnetzen müssen die Unternehmen Investitionen in solche Papiere nicht mit Eigenkapital unterlegen. Spätestens der Schuldenschnitt für Griechenland hat allerdings gezeigt, dass auch bei Staatsanleihen von Euro-Ländern herbe Verluste drohen können. "Ein risikobasiertes Regelwerk sollte dies berücksichtigen", sagte Bernardino.
Niedrigzinsen machen Lebensversicherern zu schaffen
Im Fokus der Aufseher stehen weiterhin die anhaltenden Niedrigzinsen. Gerade Lebensversicherern in Deutschland fällt es immer schwerer, die vor vielen Jahren gegebenen Zinsgarantien für ihre Kunden an den Finanzmärkten zu erwirtschaften. Aus Sicht der Kunden schrumpfen die Überschüsse in ihren Lebens- und Rentenversicherungsverträgen. Bernardino drängte die Unternehmen, die mildere Übergangsphase bis zur vollen Geltung der "Solvency II"-Vorschriften für die Anpassung ihrer Geschäftsmodelle zu nutzen.
Zinstief im Fokus der Stresstests
Versicherer wie Generali Deutschland, die Munich-Re-Tochter Ergo und die HDI-Mutter Talanx haben daher bereits das Ende der klassischen Lebens- und Rentenversicherung mit Garantiezins eingeläutet. Sie wollen künftig nur noch Verträge mit modifizierten Garantien verkaufen, bei denen der Kunde größere Renditechancen, aber auch höhere Risiken haben soll. Auch Marktführer Allianz verlagert sich schon länger auf solche neuartigen Produkte.
Die Eiopa will das Dauer-Zinstief auch in den Fokus ihrer kommenden Stresstests stellen. Dabei wird überprüft, ob einzelne Versicherer ihre Verpflichtungen unter bestimmten Zinsentwicklungen in Zukunft noch erfüllen können. Zudem warb Bernardino erneut für die Entwicklung eines einheitlichen europäischen Rentenversicherungsprodukts. Von einem Vertragsmodell mit einheitlichen Regeln über die gesamte EU hinweg verspricht er sich geringere Kosten und höhere Renditen für die Versicherten.