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Höhere Gewalt: Welche Schäden übernimmt die Kfz-Versicherung?

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox

Bei Ereignissen durch höhere Gewalt entsteht Schaden, ohne dass es dafür einen Schuldigen gibt. Für die Kfz-Versicherung gelten in diesem Fall besondere Regeln.

Das Wichtigste in Kürze

  • In der Kfz-Haftpflichtversicherung entsteht bei höherer Gewalt kein Schadenersatzanspruch. Allerdings muss der Unfallverursacher nachweisen, dass höhere Gewalt die alleinige Ursache des Unglücks war.
  • Schäden durch höhere Gewalt am eigenen Auto übernimmt die Teilkaskoversicherung, sofern die Schadensursache durch die Teilkasko-Police abgedeckt ist.
  • Die Vollkaskoversicherung deckt Schäden am eigenen Fahrzeug ab – unabhängig davon, ob diese durch höhere Gewalt oder eigenes Verschulden entstanden sind.
  • Bei einer Leistung durch die Haftpflicht- oder Vollkaskoversicherung verliert der Versicherungsnehmer einen Teil seines Schadenfreiheitsrabatts und muss im Folgejahr mit höheren Versicherungskosten rechnen.

Was versteht man unter höherer Gewalt?

Höhere Gewalt ist ein Begriff in der deutschen Rechtsprechung und bezeichnet ein Schadensereignis, dessen Ursache außerhalb des Einflussbereichs von Mensch oder Technik liegt. Konkret sind dafür die folgenden Voraussetzungen erforderlich:

  • Die Ursache eines Schadensereignisses liegt in einer von außen kommenden Einwirkung und
  • der Geschädigte kann das Ereignis nicht vorhersehen und damit auch nicht durch zumutbare Sorgfalt abwenden.

Typische Ereignisse höherer Gewalt

Mit höherer Gewalt verbindet man häufig Naturereignisse wie Unwetter, Erdbeben, Erdrutsche oder Vulkanausbrüche. Neben solchen Naturkatastrophen können aber auch politische Ereignisse wie Bürgerkrieg, Unruhen, Terrorismus oder plötzliche Streiks zur höheren Gewalt gezählt werden. Auch zufällig und unerwartet auftretende Schadensereignisse fallen in diese Kategorie.

Welche Konsequenzen hat höhere Gewalt für die Kfz-Haftpflichtversicherung?

Die Kfz-Haftpflichtversicherung springt ein, wenn der Fahrer des versicherten Fahrzeugs bei einem Unfall einen Dritten zu Schaden bringt. Dazu zählen neben dem Blechschaden am Fahrzeug des Unfallgegners auch andere Schäden – etwa an Schildern oder Fahrbahnbegrenzungen – oder Personenschäden in Form von Verletzungen.

Ob und in welchem Umfang der Verursacher für die Schäden haftet, hängt von seinem Verschulden ab. Hat er beispielsweise aus Unachtsamkeit zu spät gebremst und ist auf das vorausfahrende Auto aufgefahren, muss er bzw. seine Haftpflichtversicherung den Schaden übernehmen.

Haftung nur bei Verschulden

Ist höhere Gewalt im Spiel, kann es jedoch vorkommen, dass den Fahrer kein Verschulden trifft. Dies könnte der Fall sein, wenn sich an einem Abhang neben der Straße ein großer Stein löst, der auf die Straße fällt und dabei ein vorbeifahrendes Auto so trifft, dass dieses ins Schleudern gerät und ein entgegenkommendes Auto rammt.

Hat der Fahrer alle Verkehrsregeln eingehalten und am Steuer die notwendige Umsicht walten lassen, dann trifft ihn kein Verschulden. Die Konsequenz ist dann, dass der Unfallgegner keine Haftungs- oder Schadenersatzansprüche stellen kann. Allerdings muss im Zweifelsfall der Verursacher nachweisen, dass er aufgrund höherer Gewalt den Unfall nicht verschuldet hat.

Anders wäre die Sachlage, wenn der Fahrer wegen überhöhter Geschwindigkeit vor dem auf der Straße liegenden Stein nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte. Dann hat er den Unfall schuldhaft verursacht, wenn ein Dritter durch ihn zu Schaden kommt.

Übernimmt die Versicherung auch Schäden am eigenen Fahrzeug?

Für Schäden am eigenen Fahrzeug ist die Teil- oder Vollkaskoversicherung zuständig, deren Abschluss im Gegensatz zur Kfz-Haftpflichtversicherung freiwillig ist. Somit können nur Autofahrer mit Kaskoschutz erwarten, dass ihre Kfz-Versicherung bei Schäden durch höhere Gewalt eine Leistung erbringt.

Teilkaskoversicherung

Die Teilkaskoversicherung springt nicht nur bei Glasschäden und Wildunfällen ein, sondern übernimmt auch unter bestimmten Voraussetzungen Schäden aus höherer Gewalt. Das betrifft insbesondere Unwetterschäden wie beispielsweise

  • Hagelschäden,
  • Beschädigungen durch Überflutung oder
  • Sturmschäden, wenn durch die Luft fliegende Gegenstände das parkende oder fahrende Auto beschädigen.

Allerdings gibt es dabei einige Einschränkungen. So kann die Teilkaskoversicherung ihre Leistung verweigern, wenn das Auto in einem hochwassergefährdeten Gebiet geparkt war. Und bei Sturmschäden ist für die Schadenübernahme zumeist Voraussetzung, dass mindestens Windstärke 8 herrschte.

Bei der Teilkaskoversicherung vereinbaren Versicherung und Fahrzeughalter meist eine Selbstbeteiligung von üblicherweise 150 oder 300 Euro. Diesen Betrag zieht die Versicherung im Schadenfall von ihrer Auszahlung ab.

Vollkaskoversicherung

Wenn die Schadensursache nicht durch die Teilkaskoversicherung abgedeckt ist oder der Fahrer den Schaden selbst verschuldet hat, kommt die Vollkaskoversicherung für die Reparaturkosten auf. Damit erfolgt die Leistung der Vollkaskoversicherung immer dann, wenn es sich um keinen Teilkaskoschaden handelt – unter der Voraussetzung, dass der Versicherungsnehmer sowohl Teil- als auch Vollkaskoschutz abgeschlossen hat.

Auch bei der Vollkaskoversicherung gibt es in den meisten Fällen einen Selbstbehalt. Dieser beträgt je nach Vereinbarung meist zwischen 150 und 1.000 Euro pro Schadenfall.

Versicherungsleistung nach höherer Gewalt: Wird die Kfz-Versicherung teurer?

In der Kfz-Versicherung werden die Kosten für den Versicherungsnehmer im Lauf der Zeit immer günstiger, wenn die Zahl der schadenfreien Jahre steigt. Dies bezeichnet man als Schadensfreiheitsklasse (SF-Klasse). So bedeutet SF-Klasse 10, dass der Fahrzeughalter 10 schadenfreie Jahre angesammelt hat und den dazugehörigen Rabatt auf die Jahresprämie erhält.

Übernimmt die Versicherung einen Schaden, verliert der Kunde einen Teil seiner schadenfreien Jahre, und der Versicherer stuft die Prämie im Folgejahr wieder hoch.

Diese Praxis betrifft die Kfz-Haftpflichtversicherung und die Vollkaskoversicherung. Bei der Teilkaskoversicherung gilt unabhängig vom Schadenverlauf ein Einheitspreis, der sich im Schadenfall nicht verändert.