Vom Stahl zum Strom - Jürgen Großmann soll künftig RWE-Konzern lenken
Stand: 21.02.2007
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Essen/Georgsmarienhütte (dpa) - Jürgen Großmann ist nicht nur äußerlich eine Unternehmer-Erscheinung, wie es sie in Deutschland nicht oft gibt. Der bullige Zwei-Meter-Mann gilt als arbeitnehmerfreundlich wie kaum ein anderer - man sagt, er sei risikobereit und ausgesprochen gewieft. Am Würstchengrill auf dem Betriebsfest seines Stahlwerks ist der 54-Jährige genauso zu Hause wie in den Weinkellern erlesenster Restaurants. Die Diskussion mit Betriebsräten in der Provinz ist ihm ebenso lieb wie der Auftritt beim Weltwirtschaftsforum in Davos.
Doch Großmann bleibt ein Kind der Industrie. Als Sohn eines Thyssen-Managers aufgewachsen hat er sich nach eigener Darstellung sein erstes Auto mit Nachtschichten am Hochofen verdient. Später absolvierte er sein Ingenieur-Studium an der Technischen Universität in Clausthal-Zellerfeld. Seine Manager-Qualitäten tat er vor Jahren noch so ab: "Ich bin ein Techniker mit kaufmännischer Schnellbesohlung."
Dass die Sohlen hielten, bewies sich seit 1993. Großmann hatte in inzwischen bei den Klöckner-Werke Karriere gemacht und war bei dem Stahlkonzern bis in die Vorstandsetage aufgestiegen. Als das damalige Klöckner-Stahlwerk in Georgsmarienhütte vor dem Aus stand, schlug Großmann kurzentschlossen zu. Für den symbolischen Preis von zwei D-Mark übernahm der als "Bauch-Entscheider" bekannte Großmann in einem Management-Buy-Out-Verfahren das Werk und legte den Grundstein für eine kometenhafte Unternehmer-Laufbahn. Mit einem Kredit der NordLB im Rücken machte die Hütte plötzlich wieder Gewinn. Das versetzte Großmann in die Lage, nicht nur die damals technisch und wirtschaftlich marode Hütte zu sanieren, sondern um um sie herum ein kleines Stahlimperium auf zubauen.
Er kaufte mit Vorliebe von anderen schon aufgegebene Unternehmen aus der Metallbranche und führte sie wieder in die schwarzen Zahlen. Vor allem in Ostdeutschland hat ihm dieses Vorgehen in den Belegschaften den Beinamen "Der Gute Mensch von Osnabrück" eingebracht. "Ein junger, hoch qualifizierter Analyst würde so etwas nicht für möglich halten", sagte Großmann selbst einmal. Das Personal ist für Großmann ein Schlüssel zum Erfolg. "Sie müssen so arbeiten, als wäre es ihr eigenes Unternehmen, sie müssen herausrücken mit allen Ideen und Verbesserungsvorschlägen", umriss er einst sein Erfolgsrezept.
Die Georgsmarienhütte-Holding umfasst heute 43 Unternehmen in Deutschland und Österreich und setzt mit 9000 Mitarbeitern bei einem Überschuss von um die 100 Millionen Euro mehr als zwei Milliarden Euro um. Dabei gab es auch bei dem mit exzellenten und parteiübergreifenden Kontakten in die Politik ausgestatteten Großmann Rückschläge: Die sicher geglaubte Übernahme des bayerischen Stahlwerks Maxhütte in Sulzbach-Rosenberg glitt ihm im Jahr 2000 in letzter Minute durch die Hände. Zuletzt hatte sich Großmann vergeblich um die Übernahme der Hamburger Aluminiumwerke bemüht.