Leipzig (dpa) - Die Türme aus Stahl gehören bundesweit zum Landschaftsbild, doch allgemeine Akzeptanz genießen sie nicht. Windkraftanlagen bieten reichlich Stoff für Zoff: Kommunen fürchten um ihre Touristik-Idylle, Naturschützer um Vögel, und Anwohner beschweren sich über Lärm und Schatten. Mehrfach schon wurde durch alle Instanzen bis zum Bundesverwaltungsgericht um Windkraftanlagen gestritten. Am Mittwoch (29. August) ist dies erneut der Fall: Dann muss das oberste deutsche Verwaltungsgericht in Leipzig ein Grundsatzurteil zu der Frage fällen, ob Windräder unzumutbaren Lärm verursachen.
Die Kläger aus Rheinland-Pfalz wehren sich gegen
Windräder, die etwa 340 Meter von ihrer Hofanlage entfernt stehen sollen. Der zuständige Landkreis Birkenfeld hat den Bau genehmigt. Von den Vorinstanzen wurde die Genehmigung aber aufgehoben. Die Windenergieanlage habe schädliche Umwelteinwirkungen auf das Wohnhaus der Kläger und auf diese käme insbesondere in der Nacht eine unzumutbare Lärmbelästigung zu, entschied das Oberverwaltungsgericht Koblenz. Nun sind die Leipziger Richter am Zug.
Der Gesetzgeber fördert den Ausbau
erneuerbarer Energien seit 1996. Prinzipiell müssen die Kommunen Windräder zulassen. "Mit Flächennutzungs- oder Regionalplänen versuchen sie die Ansiedlung dieser Anlagen zu steuern", sagt Richter Stefan Paetow, Vorsitzender des zuständigen 4. Senats beim Bundesverwaltungsgericht. Oft prallen dabei Klimaschutz und Landschaftsschutz aufeinander. "Windräder funktionieren im Gebirge nun mal besser als im Tal", sagt der Jurist. "Der Platz in einer Hügel- und Mittelgebirgslandschaft ist aber sehr begrenzt."
Oft gehe es auch um touristische Aspekte und die Sorge, dass die Landschaft verschandelt werde. In Süddeutschland etwa gebe es die Tendenz, so wenig Windräder wie möglich zuzulassen. Die Windradbetreiber wehren sich oft vor Gericht gegen die Ablehnung von Baugenehmigungen. "Die Justiz hat dann zu prüfen, ob die kommunale Planung von Anfang an eine Verhinderungsplanung war oder ob die Standorte und Alternativen ordentlich geprüft wurden", sagt Paetow.
"Die Fallzahlen haben erheblich zugenommen", berichtet Anwalt Martin Maslaton, zugleich Landesvorsitzender des sächsischen Regionalverbandes
Windenergie. Bundesweit gibt es nach seiner Schätzung etwa 600 bis 700 Streitfälle im Jahr. Häufig geht es dabei um den Tierschutz. So fordert der Naturschutzbund NABU mehr Rücksicht auf Vögel und Fledermäuse. "Windkraftanlagen gehören nicht an Gewässer oder Wälder, weil es hier zu den meisten Unfällen mit Vögeln oder Fledermäusen kommt." Der Bund für Umwelt- und
Naturschutz (BUND) hält sich dagegen zurück. "Wir sind ganz klar für Windenergie", betont Sprecher Rüdiger Rosenthal.
Zunehmend geht es bei Streitfällen auch um "Windklau". Der Platz wird eng in Deutschland und so müssen sich mehrere Anlagenbetreiber auf dem zugewiesenen Gebiet drängen. Ein Betreiber in Delitzsch bei Leipzig sah sich dadurch in seiner Aktivität beschränkt. Er klagte am Leipziger Verwaltungsgericht dagegen, dass die Kommune neben seinem Areal einen weiteren Windpark zugelassen hat. Die optimale Ausnutzung seines Windparks sei dadurch gefährdet, argumentierte er. Erfolglos. Nun wird sich wohl auch hier der Zug durch die Gerichtsinstanzen anschließen.