Öko-Trendsetter in der Wüste: Ein Kibbuz lebt "grün"
Stand: 25.10.2011
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa
Tel Aviv - Mit seinem Cowboyhut steht David Schoneveld in der Arawa-Wüste und zieht ein Backblech mit Plätzchen aus einem Glaskasten. "Geröstet bei 100 Grad Sonnenlicht", erklärt der Bewohner dieses Kibbuz´ im Süden Israels. Der Solarofen funktioniert nach einem einfachen Prinzip: In dem Kasten konzentrieren eine Spiegelwand sowie zwei schwarzbemalte Marmeladengläser die Sonnenstrahlen auf das Blech.
Umweltbewusstsein ist in Israel zwar kaum verbreitet. Doch der Kibbuz Lotan 50 Kilometer nördlich von Eilat am Roten Meer hat sich in einen regelrechten Öko-Trendsetter verwandelt. "Unser Prinzip ist es, so wenig wie möglich zu verschwenden und möglichst viel weiterzuverwerten", sagt Schoneveld, der mit seiner Familie seit 14 Jahren in Lotan lebt. Eine Umrüstung der Dächer und moderne Klimaanlagen senkten den Energieverbrauch des Kibbuz' um 25 Prozent, der Müll konnte um 70 Prozent reduziert werden.
Wie die Zukunft aussehen könnte, zeigt auch der "Öko-Campus", eine kleine Mustersiedlung für Nachhaltigkeit mit zehn igluartigen Häusern. Sie bestehen aus einem kuppelförmigen Stahlgerüst, Stroh und Bentonit - einer Tonerde, die bei Wasserbohrungen als Abfallprodukt anfällt. In der bunten Lehmmauer um den Platz herum stecken mit Plastikflaschen gefüllte Autoreifen. Aus der Gemeinschaftsküche fließt das Abwasser direkt in den Garten. Auch die Trockentoilette hilft beim Wassersparen: Eine Mischung aus Ziegenmist und Stroh wird ins Klo geworfen. "Nach vier Monaten bleibt nur geruchlose, trockene Erde übrig, als Dünger für die Gärten", erklärt Schoneveld.
Mit der Öko-Ausrichtung ist Lotan eine Ausnahmeerscheinung unter den mehr als 250 Kibbuzim in Israel, die oft viel Wasser und Energie verbrauchen und ihren Müll früher einfach in der Wüste entsorgten oder verbrannten. Nur hier und da gebe es ökologische Ansätze, sagt Schoneveld. Er bewohnt mit seiner Familie eines der klassischen Kibbuz-Fertighäuser - mit herkömmlicher Toilette. Das Abwasser fließt aber durch Becken mit Kieseln und Wasserpflanzen, die das Wasser biologisch reinigen.
Etwa 180 Erwachsene und Kinder leben heute in Lotan - davon etwa 10 bis 30 internationale Gäste, die für einige Wochen oder Monate bleiben. Viele Touristen kommen nur für einen Kurzbesuch vorbei oder übernachten in einem der Gästehäuser. "Uns ist es wichtig, unser Wissen weiterzugeben", sagt Daphna Berger vom Kibbuz-Verwaltungsbüro.
Im Zentrum für kreative Ökologie lernen internationale Studenten wie Rafael aus Österreich, wie Recycling, ökologisches Bauen und Gärtnern funktioniert. Mit zehn anderen jungen Leuten steht der 24-Jährige lehmverschmiert unter einem Dach aus Dattelpalmenblättern. Er hat die Hände in einem Bottich mit Tonerde und versucht die Mischung für die Häuserbeschichtung anzurühren. "Ich lerne hier vieles, das ich in Wien selbst machen kann", sagt Rafael.
Die meisten Einnahmen erwirtschaftet der Kibbuz zwar immer noch mit klassischer Landwirtschaft, den Dattelplantagen sowie den 500 Milchkühen. Doch der Öko-Tourismus entwickelt sich zunehmend zu einem lukrativen Geschäftsbereich. "Wir sind keine abgehobenen Öko-Freaks", sagt Schoneveld. "Wir möchten ökologisch leben, aber auch Geld verdienen." Es ist ein Argument, das auch andere Kibbuzim noch auf den grünen Kurs bringen könnte
Nachrichten zum Thema
- Erneuerbare Energien liefern 20 Prozent des Stroms
- Abgewürgter Ökostrom-Boom? Erneuerbare geraten unter Druck
- WWF-Umfrage: 94 Prozent der Deutschen für erneuerbare Energien
- 2010 wurden Rekordinvestitionen in erneuerbare Energien getätigt
- Die vier Großen decken 68% des Stroms - nur 0,5 aus Erneuerbaren