Veraltete Technik schönt Bilanz der Digitalen Agenda
10.08.2017 | 08:29
Heidelberg. Bis Ende 2018 sollen überall in Deutschland Internetanschlüsse mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) verfügbar sein. Das sieht die im August vor drei Jahren aufgelegte „Digitale Agenda“ der Bundesregierung vor. Die Tarifexperten von Verivox haben den Stand des Internetausbaus analysiert – und erläutern, warum 25 Prozent der Ausbauziele bislang auf der Strecke geblieben sind.
Zielerreichung mit veralteter Technik
Zum Start der Digitalen Agenda im August 2014 hatten rund 60 Prozent der Deutschen Zugang zu schnellem Internet, heute sind es laut Agenda-Legislaturbericht gut 75 Prozent. Erreicht wurde der Zuwachs hauptsächlich durch eine veraltete Technik, dem Aufrüsten bereits vorhandener Kupferkabel (das so genannte Vectoring). Das geht schnell und kostet im Vergleich zum Glasfaserausbau wenig. Bei 100 Mbit/s ist aktuell jedoch Schluss: Mehr Bandbreite ermöglicht die Technik nicht. „Vectoring ist wegen dieser Speed-Begrenzung nur als Übergangstechnologie geeignet“, sagt Christian Schiele, Bereichsleiter Telekommunikation bei Verivox.
Ausbauziel zu niedrig formuliert
Höhere, stabile Bandbreiten seien dringend erforderlich, sagt Schiele: „Alleine in den letzten beiden Jahren hat sich der Datenversand über stationäre Anschlüsse in Deutschland mehr als verdoppelt. Die vom Bund anvisierten 50 Mbit/s sind längst kein erstrebenswertes Ausbauziel mehr. Kabelinternet ermöglicht schon heute die zehnfache Bandbreite, mit Glasfaseranschlüssen sind sogar 1.000 Mbit/s möglich.“ Die zunehmende Vernetzung, die Digitalisierung von Dienstleistungen sowie der stetig steigende Abruf von Video-und TV-Inhalten werden künftig viel höhere Bandbreiten erfordern.
Was bislang ausgegeben wurde
Bislang hat der Bund 3,1 Milliarden Euro in den Breitbandausbau investiert; insgesamt werden 4 Milliarden in der laufenden Legislaturperiode zur Verfügung gestellt. Der Bund fördert Ausbauprojekte mit bis zu 70 Prozent – denn in dünn besiedelten Regionen ist eine Tiefbau-Erschließung (etwa für Glasfaseranschlüsse) für die Netzbetreiber vielfach nicht rentabel. Doch im ländlichen Raum ist der Bedarf am höchsten, nicht zuletzt für Gewerbetreibende.
Von den bereits bewilligten 3,1 Milliarden Euro wurde das meiste Geld, über 827 Millionen Euro, in Mecklenburg-Vorpommern abgerufen. Dahinter rangieren die Länder Sachsen (425 Millionen) und Nordrhein-Westfalen (387 Millionen). Mit den Fördergeldern sowie den Beiträgen von Kommunen und Netzbetreibern wurden insgesamt Investitionen in Höhe von 7 Milliarden Euro ausgelöst. Der Regierung zufolge fließt der überwiegende Anteil der Fördermittel direkt in den Glasfaserausbau. Weil jedoch ein Glasfaseranschluss rechnerische Kosten von rund 2.000 Euro* verursacht, bleibt der Glasfaser-Anteil trotz der Fördergelder niedrig.
Kaum Fortschritte bei der Technik der Zukunft
Die Glasfaser gilt als Übertragungsmedium der Zukunft. Doch derzeit können in Deutschland nur 6,6 Prozent der Haushalte einen Glasfaseranschluss erhalten – bezogen auf den ländlichen Raum sogar nur 1,4 Prozent (Zahlen von Fraunhofer ISI, Mai 2017). „Der Glasfaser-Ausbau lässt sich nicht alleine durch Förderprogramme anschieben. Denkbar wären beispielsweise Steuererleichterungen für Investitionen der Anbieter in die Glasfasertechnik. So könnten erheblich mehr Projekte verwirklicht und der Wettbewerb gestärkt werden“, sagt Christian Schiele.
Noch sind die Voraussetzungen sehr uneinheitlich: Während Nordrhein-Westfalen laut Bundes-Breitbandatlas mit 82 Prozent die höchste 50-Mbit-Ausbauquote unter den deutschen Flächenländern erreicht, rangieren Sachsen-Anhalt mit 48 Prozent Abdeckung sowie Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen (jeweils 57 Prozent) ganz hinten.
*Berechnung des Bundesverbandes Glasfaser