Koalitionsgerangel um Atomkontrollen - Ökobranche kritisiert DIHK
Stand: 27.07.2007
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Berlin (dpa) - Im Kampf gegen sich häufende Pannen in deutschen Atomkraftwerken will die SPD Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit der Forderung nach verschärften Kontrollen in Zugzwang bringen. Die Kanzlerin solle eine Änderung des Atomgesetzes auf den Weg bringen und die Nachweispflicht für die nukleare Sicherheit den Kraftwerksbetreibern auferlegen, forderte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil. Merkel hält dagegen weiterhin nichts von einer Gesetzesänderung, wie Regierungssprecher Thomas Steg am Donnerstag deutlich machte: "Sie hält das Atomgesetz für eine ausreichende und gute Grundlage, um alle Fragen in dem Zusammenhang zu lösen."
Dies hatte die Bundeskanzlerin vor einer Woche in ihrer Sommerpressekonferenz nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Im Atomgesetz sei dies in der Möglichkeit angelegt, Strommengen von älteren auf neuere Kraftwerke zu übertragen. Den umgekehrten Weg versuchen gerade die Betreiber Vattenfall für den Meiler Brunsbüttel, EnBW für Neckarwestheim I und RWE für Biblis A. Diese Anlagen müssten sonst noch während der laufenden Wahlperiode abgeschaltet werden.
Die Öko-Strombranche rief unterdessen ihre Mitgliedsfirmen zum teilweisen Zahlboykott gegen den Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) auf. Mit seiner eindeutigen Erklärung gegen den Atomausstieg gefährde DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun Investitionen in erneuerbare Energien, erklärte der Präsident des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE), Johannes Lackmann, in Berlin. "Ich empfehle den Unternehmen der Erneuerbare-Energien- Branche, ihren Industrie- und Handelskammer-Beitrag um fünf Prozent zu kürzen." Der DIHK vertrete nicht die Interessen der gesamten Energiewirtschaft. Braun hatte kürzlich erklärt: "Wenn die Vernunft siegt, wird der (Atom)-Ausstieg rückgängig gemacht."
Die Branche will laut Lackmann bis 2020 den Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch von jetzt 12 auf deutlich über 35 Prozent steigern. Bereits jetzt überschreite der Zuwachs die frei werdenden Netzkapazitäten. Würde dies durchkreuzt durch neue Atomenergie- Aufrufe, wäre das ein schwerer Schaden für die Branche, die bis 2020 rund 120 Milliarden Euro Investitionen angekündigt hatte.