Kein Gas, kein Strom: Pakistan in der Energiekrise
Stand: 08.03.2012
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Islamabad/Neu Delhi - Terrorismus, Korruption, Konflikte mit den USA: Pakistan hat bereits jede Menge Probleme, doch das drängenste ist die derzeitige Energiekrise. Bevölkerung und Wirtschaft leiden unter chronischem Strom- und Gasmangel. Die Probleme sind von der Regierung hausgemacht.
Im Winter fällt selbst in der Hauptstadt Islamabad die meiste Zeit die Heizung aus, das Gas ist dann abgestellt. Wenn Gas fließt, reicht der Druck in den Leitungen kaum zum Kochen. Tankstellen mit Erdgas, dem am meisten genutzten Autotreibstoff, haben mangels Nachschub nur noch einige Tage in der Woche geöffnet. Dazu fällt stundenlang der Strom aus. Und die Stromknappheit wird sich noch verschärfen, wenn im Frühjahr die Hitze wiederkommt. Nicht nur die Menschen leiden unter der Energiekrise - sie zwingt auch die Industrie in die Knie.
Terrorismus und Streit mit dem Geldgeber USA, Korruption und eine labile Regierung, deren Chef vom Verfassungsgericht angeklagt wird - Pakistan mangelt es nicht an Schwierigkeiten. Zu einem der drängendsten, wenn nicht dem größten innenpolitischen Problem der Atommacht ist inzwischen die Wirtschaftskrise geworden, die vor allem auf die hausgemachte Energieknappheit zurückzuführen ist.
Kraftwerke können nicht volle Leistung bringen
Der inzwischen eklatante Mangel an Gas und Elektrizität war seit langem abzusehen. Wirksam gegengesteuert hat die von der Volkspartei PPP geführte Regierung nicht. Sie unterstützte - wie schon die Vorgängerregierung - die verstärkte Nutzung von Erdgas, obwohl die Fördermenge in den vergangenen Jahren leicht zurückgegangen ist. Eine Gas-Pipeline ist auf der iranischen Seite der Grenze fertiggestellt, auf der pakistanischen Seite ist bislang nichts passiert.
Besonders absurd ist die Lage bei der Stromversorgung: Die Kraftwerke hätten mit insgesamt etwa 20 000 Megawatt eigentlich mehr als genug Kapazität, um den Bedarf zu decken. Weil aber Abnehmer auch aus dem öffentlichen Sektor ihre Rechnungen nicht bezahlen und der Fehlbetrag seit Jahren anwächst, nehmen die Betreiber nicht genug Geld ein, um ihre Kraftwerke mit voller Leistung fahren zu können.
Missmanagement und Fehlplanung
Missmanagement und Fehlplanung wirft Shaban Khalid der Regierung vor. Der 33-Jährige ist Direktor von Ittehad Steel Industries in Islamabad. Die Fabrik stellt Moniereisen her, Stahlstangen, die beim Bau in den Beton eingegossen werden. "Die Krise beeinträchtigt uns gewaltig", sagt Khalid. Vor kurzem sei der Fabrik ohne jede Vorwarnung das Gas abgestellt worden, das zum Schmelzen der Stahlblöcke benötigt werde - mindestens einen Monat lang, so die offizielle Ankündigung, vielleicht auch länger.
Khalid und seine Mitarbeiter hatten Glück im Unglück: Sie hatten bereits mit Kohle als Gas-Ersatz experimentiert, nur deswegen können sie überhaupt noch produzieren. Kohle aber ist gesundheitsschädlicher für die Arbeiter und teurer als Gas. Viele andere Fabriken in der Umgebung mussten aufgeben. Ihre Tore sind geschlossen, viele Mitarbeiter wurden entlassen. Khalid sagt, auch sein Unternehmen produziere nur noch mit 65 Prozent der Kapazitäten. Habe er in guten Zeiten 550 Arbeiter beschäftigt, seien es nun nur noch 400.
Wirtschaftliche Lage immer schlechter
In dem im vergangenen Juni abgelaufenen Finanzjahr habe der Familienbetrieb ein Negativ-Wachstum von 16 Prozent zu verschmerzen gehabt, sagt Khalid. "Dieses Jahr wird noch schlechter werden." Die wirtschaftliche Lage Pakistans verschlechtere sich mit jedem Tag, der vergehe. "Die größten Probleme sind Energie und Korruption, und zwar für die Wirtschaft und für das ganze Land."
Bei aller Zurückhaltung ist dem Manager die Wut auf die Regierung deutlich anzumerken, die auch wegen der Energiekrise in weiten Teilen der Bevölkerung jeden Kredit verspielt hat. Khalid kritisiert, die Regierung zeige nicht einmal den Willen, die Probleme anzugehen. "Idealerweise sollte man sie noch heute Nacht loswerden", sagt der Unternehmer. "Jeder, der danach kommt, wird besser sein."