Berlin (dpa) - Bundesregierung und EU-Kommission sollten nach Ansicht der industriellen Energieverbraucher so schnell wie möglich Gesetzeslücken schließen, die Insiderhandel an der Leipziger Strombörse EEX bisher faktisch straffrei machen. Das fordert der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK). Annette Loske, beim VIK für Grundsatzfragen zuständig, sagte dem "Tagesspiegel am Sonntag": Zwar werde von den Behörden an zusätzlichen Regeln gearbeitet, "es könnte aber schneller gehen." Durch größere Transparenz würde das Vertrauen in den Strommarkt gestärkt. "Dann gäbe es dort auch mehr Akteure. Und das hätte mittel- bis langfristig einen preissenkenden Effekt", sagte Loske.
Bei der juristischen Verfolgung von Insiderhandel gebe es eine Schwierigkeit, heißt es beim VIK. Die Finanzaufsicht sei nur für den Terminmarkt, auf dem langfristige Lieferungen zu einem bestimmten Datum gehandelt werden, zuständig. "Der Spotmarkt wird derzeit überhaupt nicht abgedeckt", sagte Strommarktexpertin Loske. "Insiderhandel ist dort also erlaubt." Etwa 17 Prozent des
Stromverbrauchs in Deutschland werden nach Branchenangaben an diesem Markt abgedeckt. Kleineren Marktteilnehmern fehlten häufig wichtige Informationen. Falle ein Kraftwerk aus, werde das Angebot verknappt. Die Preise am Spotmarkt stiegen dann in der Regel. "Hier muss es wie am Aktienmarkt die Pflicht zu Ad-hoc-Meldungen geben", forderte die VIK-Expertin.
Ein Sprecher von
RWE verwahrte sich gegen die Vorwürfe der Manipulation. RWE als größte deutscher Stromerzeuger habe überhaupt kein Interesse daran, "angesichts einer sehr langfristig im voraus verkauften Strom-Eigenproduktion eine kurzfristige Gewinnstrategie im Spotmarkt zu verfolgen." Preisschwankungen könnten dort eher schaden, besonders wenn ungeplante Kraftwerksausfälle auszugleichen seien. Von diesen Ausfällen erfahre der professionelle Handelsteilnehmer über kommerzielle Informationsdienste sehr schnell. "RWE und ihre Händler halten sich an alle Regeln, die die
EEX und das geltende Recht vorgibt." RWE setze sich weiter aktiv dafür ein, dass die EEX und alle Marktteilnehmer ihren Weg der Transparenz weiter gehen.