Braunschweig (dpa) - Die Suche nach einem Endlager für hochradioaktiven Abfall aus Atomkraftwerken erhitzt nicht nur in Deutschland die Gemüter. Ob in Japan, in der Schweiz oder in den USA - die Frage nach einer sicheren Entsorgung ist unbeantwortet. "Den Käse und die Schokolade haben wir noch allein erfunden", sagt der Schweizer Physiker Michael Aebersold. Bei der Planung von atomaren Endlagern sei ein internationaler Austausch jedoch angebracht. Aebersold ist einer von 270 Wissenschaftlern aus 16 Ländern, die in Braunschweig über den Stand der Forschung, aber auch über den gesellschaftlichen Umgang mit dem Thema diskutierten.
Bislang ist weltweit noch kein Endlager für hochradioaktiven Abfall errichtet worden. Ein derartiges Lager sollte immerhin für den unvorstellbaren Zeitraum von einer Million Jahren Sicherheit garantieren. Dass der
Atommüll national entsorgt werden muss, steht in den meisten Ländern fest. "Der Misthaufen gehört auf den Hof, auf dem die Kühe im Stall stehen", erläutert Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) plakativ die Situation. Einigkeit besteht auch darüber, dass Sicherheit bei der Standortsuche an vorderster Stelle zu stehen hat. Mittlerweile stellt auch kaum jemand mehr die große Bedeutung einer umfassenden Beteiligung der Öffentlichkeit in Frage. Zudem wird die Lagerung unter Tage von den meisten Ländern favorisiert.
Die konkrete Umsetzung ist mit diesen Rahmenbedingungen jedoch noch lange nicht geklärt. Welches Gestein bietet zum Beispiel die größte Sicherheit - Ton, Granit oder Salz? In Deutschland setzte man bislang vor allem auf Salz, in der Schweiz gibt es dagegen gar keine Salzvorkommen. "Man muss damit leben, was man hat", sagt der Schweizer Aebersold. Letztendlich seien Eigenschaften wie die Standfestigkeit der Deckgebirge wichtiger als die Gesteinsart.
Eine andere Frage ist die Rückholbarkeit. Die Befürworter wollen mit Blick auf unvorhersehbare Entwicklungen auch in der Zukunft Zugriff auf den Müll haben. Um nicht erpressbar zu sein und um einen terroristischen Anschlag auszuschließen, wollen andere die Schächte nach der Einlagerung für immer mit Beton oder ähnlichem verschließen. "Die Lösung darf nicht nachfolgenden Generationen aufgebürdet werden", sagt Ulrich Kleemann vom Bundesamt für Strahlenschutz (Salzgitter).
In Deutschland sollte bislang die derzeit ruhende Erkundung des Salzstockes bei Gorleben zeigen, ob der Salzstock für ein
Endlager geeignet ist. "Konkrete Sicherheitsanforderungen gibt bislang nur aus den 80er Jahren, diese müssen weiterentwickelt und dem internationalen Stand angepasst werden", erläutert der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, Wolfram König.
Auch Gabriel fordert: "Wir müssen bei der Endlager-Debatte auf internationales Niveau kommen." Er möchte weitere Standorte auf ihre Eignung untersuchen lassen und plädiert für ein ähnliches Vorgehen wie in der Schweiz.
Wie das Nachbarland vorgeht, erläutert Aebersold: "Wir haben uns in aller Welt umgeschaut und die besten Punkte rausgenommen." Um ein Meinungsbild zu bekommen, werden Bürger zu Diskussionen eingeladen. Politiker, Vertreter von Interessengruppen und aus der Atomindustrie werden zudem in Workshops informiert. Mindestens zwei alternative Standorte sollen anschließend benannt und nach festen Sicherheitskriterien verglichen werden.