Netzagentur verpflichtet Vattenfall zu Senkung der Stromnetzgebühr
Stand: 08.06.2006
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Bonn (dpa) - Die Bundesnetzagentur hat ein Zeichen gegen überhöhte Strompreise gesetzt und mit Vattenfall Europe erstmals einen Energiekonzern zu niedrigeren Netzgebühren verpflichtet. Die Absenkung - um rund 18 Prozent gegenüber dem Antrag - werde direkte Auswirkungen bei den an das Vattenfall-Netz angeschlossenen Verteilern wie Stadtwerken haben, sagte der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, am Donnerstag in Bonn. Indirekt profitierten auch die Endkunden von den geringeren Kosten. Im Schnitt mache das Netzentgelt etwa ein Drittel des Strompreises für den Privatkunden aus. Vattenfall kündigte umgehend an, Beschwerde gegen den Entscheid einzulegen.
Ähnlich weit sei der Genehmigungsprozess bei rund 80 weiteren größeren Stromunternehmen, sagte Kurth. Insgesamt habe die Behörde die Netzgebühren von 257 größeren Stromversorgern zu genehmigen. Auf Länderebene werden parallel die Netzentgelte von rund 600 kleineren Kommunalversorger geprüft. Die Strom- und auch die Gasunternehmen müssen sich im Rahmen des neuen Energiewirtschaftsgesetzes erstmals die Gebühren, die sie für die Nutzung ihrer Netze von anderen Versorgern fordern, von der Netzagentur genehmigen lassen.
Bei Vattenfall Europe seien 18 Prozent der beantragten Kosten bei der Genehmigung neuer Netzentgelte nicht anerkannt worden, sagte Kurth. Die bisherigen Gebühren würden sich durch den Entscheid um 11,7 Prozent verringern. Vattenfall bezifferte den Ertragsausfall allein in diesem Jahr auf rund 116 Millionen Euro.
Der Konzern muss die Entscheidung der Netzagentur schon zum 1. Juli umsetzen. Das Unternehmen kann aber gegen den Beschluss klagen und bei Gericht eine aufschiebende Wirkung der Beschwerde beantragen. "Wir haben keinen Zweifel daran, dass der rechtswidrige Bescheid der Bundesnetzagentur vor Gericht keinen Bestand haben wird", sagte Vattenfall-Vorstandschef Klaus Rauscher in Berlin. Die Kalkulationsmethoden der Behörde seien weder sachgerecht noch wirtschaftlich akzeptabel.
Auch auf dem Gasmarkt macht die Bundesnetzagentur Druck auf die Netzbetreiber, um mehr Wettbewerb und günstigere Preise für Verbraucher zu erwirken. Die Öffnung der Gasmärkte mit einer freien Wahl des Anbieters ist nach Darstellung von Kurth auf einem guten Weg. Es sei möglich, dass das neue System mit einem einfacheren Zugang zu den Gasnetzen bereits zum Beginn des neuen Gaswirtschaftsjahres am 1. Oktober starten könne. In der Praxis sei nach den Vereinbarungen das Modell auch schon zum 1. August anwendbar. Die Gasbranche habe mit einer Vereinbarung die Voraussetzungen dafür geschaffen. Auf Grund eines weitgehend geschlossenen Netzzugangs hatten private Endkunden bisher kaum Alternativen zu ihrem monopolistischen Anbieter.
Die Verbesserung des Wettbewerbs im Gasmarkt werde weiter ein "zäher Prozess" sein, betonte Kurth. Bei der Öffnung der Netze stünden die Betreiber aber jetzt in der Pflicht. Er gehe davon aus, dass es bei entsprechenden Rahmenbedingungen ähnlich wie beim Strom künftig auch bei Gas alternative Anbieter geben werde. Allerdings sei die Ausgestaltung des Wechsels zu einem anderen Lieferanten bisher nicht verbindlich festgelegt. Auch beim Gas sei die Netzagentur dabei, die Netzgebühren zu prüfen. Entscheidungen seien etwa drei Monate später als beim Strom zu erwarten.