Ombudsmann hilft bei Streit mit der Versicherung
Stand: 12.09.2020
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa
Landet ein Streit mit der Versicherung vor Gericht, wird es für Verbraucher meistens teuer. Dabei ist der juristische Weg nicht immer notwendig. Der Versicherungsombudsmann kann oft schlichten.
Im Schadensfall springt die Versicherung nicht immer so ein, wie es sich Verbraucher erhoffen. Wer sich ungerecht behandelt fühlt, muss aber nicht gleich zum Anwalt gehen. Zunächst können Kunden Rat beim Versicherungsombudsmann suchen.
Spruch der Schlichtungsstelle ist nicht bindend
Dieser schlichtet seit 2001 unabhängig und kostenfrei Streitfälle zwischen Versicherungsunternehmen oder Vermittlern und Versicherten. Der Vorteil: Die Entscheidung der Schlichtungsstelle ist für Verbraucher nicht bindend. Der gerichtliche Weg ist auch nach einem Schiedsspruch noch möglich, aber vielleicht nicht mehr notwendig.
Doch mit welchen Fällen kann man sich an die Schiedsstelle wenden? "Wir befassen uns fast mit dem gesamten privaten Versicherungsgeschäft. Von der Hausrat- und Gebäudeversicherung, Haftpflicht- und Rechtschutzversicherung, KfZ-, Kasko- und Unfallversicherung bis hin zur Lebensversicherung, Renten- und Berufsunfähigkeitsversicherung", erklärt Wilhelm Schluckebier, der seit April 2019 das Amt des Ombudsmanns innehat.
Nicht in den Aufgabenbereich der Schlichtungsstelle fallen hingegen gesetzliche Versicherungen. Private Krankenversicherer verfügen über eine eigene Beschwerdestelle.
Voraussetzung: Versicherung muss Mitglied der Ombudsstelle sein
Neben Versicherungsunternehmen nimmt der Ombudsmann auch Beschwerden gegen Versicherungsvermittler an. "Diese müssen sich aber nicht an die Entscheidung der Schlichtungsstelle halten", erklärt Alice Böhne vom Bund der Versicherten. Bei den Versicherungsunternehmen sieht das anders aus: Sie müssen die Entscheidung bis zu einem Streitwert von 10.000 Euro zu Gunsten der Versicherten akzeptieren. Voraussetzung dafür ist, dass die Versicherung Mitglied der Ombudsstelle ist.
Bis zu einem Streitwert von 100.000 Euro kann die Schlichtungsstelle lediglich Empfehlungen aussprechen. Aber auch dann folgen die Versicherer laut Böhne meist der Auffassung des Ombudsmanns. "Man sollte generell darauf achten, dass der Versicherer Mitglied in dem Verein ist. Nicht weil es so viel Ärger gibt, sondern weil es eine Frage der Seriosität ist", rät die Expertin.
Bei existenzbedrohenden Sachverhalten rät Michael Herte von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein aber, professionelle Hilfe in Form eines erfahrenen Anwalts in Anspruch zu nehmen. Das sei vor allem bei Beschwerden wegen verweigerten Leistungen einer Lebensversicherung oder der Berufsunfähigkeitsversicherung der Fall.
Denn die Hilfsmöglichkeiten durch die Schiedsstelle sind begrenzt: Zum Beispiel werden bei Beschwerden, deren Wert 100.000 Euro überschreitet, keine Verfahren durchgeführt. Darüber hinaus erhebe der Ombudsmann keine Beweise, so dass streitige Tatsachen nicht geklärt werden können. Bei komplexen Sachverhalten könne die Stelle aber einen Vergleich oder einen Schlichtungsvorschlag unterbreiten, erklärt Schluckebier.
Konflikte zuerst zu lösen versuchen
Wer sich in einem Konflikt mit seiner Versicherung sieht, sollte im ersten Schritt allerdings versuchen, die Auseinandersetzung mit dem Unternehmen zu klären, rät Böhne. Erst wenn das nicht den gewünschten Erfolg bringt, kann die Beschwerde dem Ombudsmann dargelegt werden. Das lohnt sich auch schon bei geringen Beschwerdewerten, um möglicherweise hohe Prozesskosten zu umgehen.
Herte empfiehlt Verbrauchern, der Schlichtungsstelle den Sachverhalt chronologisch geordnet und mit dem gewünschten Ziel darzulegen sowie den Schriftwechsel und Kopien der Versicherungspolicen beizufügen.
Die Verfahrensordnung siehe aber auch vor, dass der Ombudsmann bei Bedarf hilft, den Sachverhalt klar darzustellen und einen sachdienlichen Antrag zu stellen. Nach Eingang der vollständigen Unterlagen können Beschwerdeführerinnen und -führer dann laut Schluckebier innerhalb von drei Monaten mit einem Ergebnis rechnen.
Häufig Streit mit Lebens- und Rechtsschutzversicherung
Wie erfolgreich die Beschwerden sind, hängt von der Art des Sachverhalts und dem Versicherungsbereich ab. Von den 2019 rund 13.000 geprüften Beschwerden, bezogen sich rund 3200 auf Rechtschutzversicherungen und 3089 auf Lebensversicherungen - die beiden Sparten sind damit Spitzenreiter.
Bei Lebensversicherungen seien die Beschwerden oft dadurch motiviert, dass die jährlichen Prognosen über die Auszahlung aufgrund der Niedrigzinsphase nicht eingehalten werden können und nach unten korrigiert werden müssten, erklärt Schluckebier. Der Ombudsmann sei aber in der Lage, die Berechnungen der Ablaufleistung nachzuvollziehen und zu prüfen. Die Mitgliedsversicherungen müssten ihm ihre internen Berechnungsgrundlagen zur Verfügung stellen.
26 Prozent der Beschwerdefälle im Bereich der Lebensversicherungen konnten 2019 erfolgreich für die Versicherten geschlichtet werden. Bei den Rechtsschutzversicherungen waren es rund 44 Prozent.
In diesen Fällen betreffe der Streit häufig die Frage, ob der Rechtsschutzfall versichert sei. "Denn eine Rechtschutzversicherung ist keine Versicherung für jedweden Rechtskonflikt. Sie schließt immer bestimmte Bereiche und Risiken aus, das bedingt Abgrenzungsfragen", erklärt Schluckebier.
Der Ombudsmann helfe aber nicht nur durch Schiedssprüche, meint Herte. In manchen Fällen reiche eine verständliche Erklärung über die Entscheidung der Versicherung bereits aus, um Klarheit beim Verbraucher zu schaffen.
Die Unabhängigkeit und Neutralität der Schiedsstelle sei laut Böhne bereits durch die Vereinssatzung und die Verfahrensordnung gewährleistet. Der Ombudsmann selber ist dabei nicht vom Verein angestellt und keinen Weisungen unterworfen. Traditionell seien die Ombudsmänner ehemalige Richter, sagt Wilhelm Schluckebier - so auch er. Bevor er 2019 das Amt von Günter Hirsch übernahm, war er unter anderem als Richter in Hessen und beim Generalbundesanwalt tätig.