Gutachten: Stromnetzentgelte sind zu intransparent
Stand: 26.05.2020
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Die Gebühren für Stromnetze machen ein knappes Viertel der jährlichen Stromrechnung deutscher Haushalte aus. Da es immer nur einen örtlichen Stromnetzbetreiber gibt, kommen private Haushalte um diese Zahlungen nicht herum. Doch sind sie auch angemessen? Eine Studie im Auftrag der Verbraucherzentrale kommt zu dem Schluss, dass die Höhe der Netzgebühren selbst für Experten nicht nachvollziehbar ist. Neuregelungen seien nötig.
Undurchsichtige Gebührenermittlung
Die Netzgebühren müssen von allen Nutzern eines Gas- oder Stromnetzes für Versorgungssicherheit und Netzausbau an den Netzbetreiber bezahlt werden. Dazu zählen private Haushalte wie auch kleine und mittlere Unternehmen sowie Industriebetriebe. Die Entgelte werden von der Bundesnetzagentur reguliert und genehmigt. Hier sehen die Gutachter von Arepo Consult und von Bredow Valentin Herz schwere Mängel.
„Gründe für die Intransparenz gibt es auf unterschiedlichen Ebenen. Die Vorgaben im Energierecht zur Veröffentlichung sind unzureichend, die Veröffentlichungspraxis der zuständigen Behörden ist mangelhaft und die Berechnung der Netzentgelte ist schwer nachvollziehbar. Zu wenige Informationen werden für zu wenige Netzbetreiber veröffentlicht. Zentrale Daten werden mit dem Hinweis auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse geschwärzt. Die Gesamtsumme der Netzentgelte kann nur geschätzt werden. Das vorliegende Gutachten zeigt konkrete Möglichkeiten auf, wie die Bundesregierung kurzfristig für deutlich mehr Transparenz bei den Stromnetzentgelten sorgen kann“, so Dr. Christine Wörlen von Arepo Consult.
Neuregelungen für mehr Klarheit gefordert
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) sieht hier dringenden Handlungsbedarf, um die Strom- und Gaskunden nicht unberechtigt zu belasten. „Bereits 2018 haben Experten den Vorwurf erhoben, dass Verbrauchern aufgrund zu hoher Netzentgelte ein finanzieller Schaden in Höhe von 360 bis 900 Millionen Euro entstehe. Verbraucher müssen davor geschützt werden, dass Netzbetreiber ihre Gebietsmonopole für überhöhte Netzentgelte ausnutzen. Das ist aber nur möglich, wenn die Netzentgelte und deren Zusammensetzung vollständig transparent sind. Aber genau das ist nicht der Fall, wie das vorliegende Gutachten überdeutlich zeigt. Hier kann und muss die Bundesregierung handeln“, sagt Klaus Müller, Vorstand des vzbv.
Die Gutachter identifizieren mehrere Möglichkeiten für Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes, die sofort umsetzbar wären. Als wichtigste Neuerung wird eine zentrale Veröffentlichung aussagekräftiger Daten in verständlicher Form auf der Webseite der Bundesnetzagentur vorgeschlagen. Die Gutachter definieren zudem klare Kataloge von Daten und Informationen, deren Veröffentlichung privaten Verbrauchern die Möglichkeit geben würde, zu prüfen, ob die Netzentgelte der Höhe nach angemessen, der Verteilung nach fair und der Verwendung nach zukunftsorientiert investiert sind.