RWE-Berater Joschka Fischer kritisiert russische Pipeline-Pläne
Stand: 09.09.2010
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Düsseldorf - Über die von Russland geplante Pipeline South Stream kann der ehemalige Bundesaußenminister und Nabucco-Berater Joschka Fischer (Grüne) nicht viel Positives sagen. Das Projekt sei nicht nur extrem teuer, sondern auch politisch abwegig. "Ökonomisch macht South Stream keinen Sinn. Politisch ist das Projekt nicht im europäischen Interesse", sagte Fischer gegenüber dem "Handelsblatt".
Fischer berät den RWE-Konzern bei dem Nabucco-Pipeline-Projekt, das in direkter Konkurrenz zu South Stream steht. Erst am Dienstag hatte der russische Ministerpräsident Wladimir Putin das Nabucco-Projekt scharf kritisiert: Es gebe noch immer keine Lieferzusagen für die Leitung. Falls Unternehmen dennoch Milliarden in Nabucco investieren wollten, wünsche er ihnen Gottes Hilfe, hatte Putin gesagt.
Fischer kritisierte, South Stream trage nicht zu Diversifizierung der europäischen Gasbezugsquellen bei. Mit South Stream würde vielmehr Gas aus bereits erschlossenen Quellen durch eine neue Leitung nach Europa kommen. "Die Pipeline verfolgt vor allem das Ziel, den Transit russischen Gases durch die Ukraine überflüssig zu machen, allerdings zu einem extrem hohen Preis", sagte Fischer. "Sollte South Stream jemals gebaut werden, wäre die Leitung mit Kosten von mehr als 20 Milliarden Euro das mit Abstand teuerste Pipeline-Projekt." Die Nabucco-Initiatoren, eine Konsortium von Unternehmen aus mehreren europäischen Ländern, veranschlagen für ihr Pipeline-Projekt dagegen nur sieben bis acht Milliarden Euro.
Für das Nabucco-Projekt äußerte sich Fischer optimistisch, selbst wenn bisher kein definitiver Partner für Gaslieferungen gefunden wurde. Wenn ein Land sich verpflichte, wirke sich die günstig auf die Entscheidung der anderen aus, so der ehemalige Außenminister. Für Turkmenistan sei etwa "die entscheidende Frage", ob Aserbaidschan mitziehe. "In den Verhandlungen mit Aserbaidschan ist man auf gutem Wege." Zugleich seien für Lieferungen aus dem Nordirak in Verhandlungen mit der kurdischen Regionalregierung konkrete Fortschritte erzielt worden. "Die Sache ist über den Sommer in die richtige Richtung gelaufen und wird sich in der zweiten Jahreshälfte weiter positiv entwickeln", sagte Fischer. Er räumte ein, dass das Fehler einer handlungsfähigen Zentralregierung mit den Kurden ein Problem sei.
Auch in Bezug auf das Ziel, zum Ende des Jahres über den Bau von Nabucco zu entscheiden, äußerte sich Fischers vorsichtig: "Zeitpläne sind Pläne. Man muss die Monate und Tage nicht in Stein meißeln."