Rauchende Schlote weltweit - Öko-Energien bleiben Wunschtraum
Stand: 14.09.2010
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa
Montreal - Qualmende Schornsteine statt rotierende Windräder: Bei der weltweiten Stromerzeugung lässt die Öko-Revolution noch auf sich warten. Auch in den kommenden Jahrzehnten wird laut übereinstimmender Expertenmeinung der Großteil der Energie in den Brennkesseln der großen Kraftwerke erzeugt. Der Übergang in Richtung erneuerbarer Energien verläuft nur schleppend.
Es ist ein wenig berauschendes Bild, dass die Weltenergiekonferenz in dieser Woche in Montreal zeichnet. Die führenden Köpfe der Energiebranche haben sich in der franko-kanadischen Stadt versammelt, aber wie in Rom vor drei Jahren sind die Ergebnisse wenig greifbar. Zwar herrscht eine Art Aufbruchstimmung, aber der Aufbruch vollzieht sich in Trippelschritten.
Die Internationale Energieagentur schätzt, dass der Anteil von Wind, Sonne und Wasserkraft an der Stromerzeugung bis zum Jahr 2030 auf 22 Prozent steigen wird. Heute sind es unter 20 Prozent. Parallel wird die Nachfrage nach Strom demnach um satte 76 Prozent steigen. Das rasante Wachstum in den Schwellenländern, namentlich China und Indien, wird die Einsparungen in den Industriestaaten zunichtemachen.
"Industrielles Wachstum kommt aus der Verfügbarkeit von Energie", sagt der Chef des staatlichen indischen Kohleförderers Northern Coalfields, Kumar Singh. "Kohle ist unser wichtigster Brennstoff." Denn Strom aus erneuerbaren Energien ist zu teuer für die aufstrebenden Staaten.
"Bis erneuerbare Energien genauso günstig sind wie konventionelle, dauert es noch einige Zeit", sagt der Chef des größten deutschen Versorgers E.ON, Johannes Teyssen. "In Deutschland wird der Umbau sicher schneller vorangehen als im Rest der Welt." Doch selbst sein Konzern mit seinen riesigen Windparks vor allem in den USA baut gerade zwei große Kohle- und mehrere Gaskraftwerke in Europa.
Die Wind- und Solarparks in den Industrienationen gedeihen nur, weil die Regierungen sie fördern. "Es ist alles eine Sache der Politik", sagt RWE-Strategiechef Leonard Birnbaum. Die Rahmenbedingungen müssten stimmen, sonst hielten die Konzerne ihr Geld beisammen. "Der Wandel ist extrem teuer." Er müsse aber kommen. "Es ist die einzige Chance, unsere Klimaziele zu erreichen."
"Geld ist ein gigantisches Problem", sagt E.ON-Chef Teyssen. "Wir sind die am höchsten verschuldete Industrie, die es auf Mutter Erde gibt." Im Schnitt hätten die Versorger doppelt so viele Schulden wie andere Industrieunternehmen. Und erneuerbare Energien bänden weit mehr Kapital als klassische Großkraftwerke.
Es fehlen zum Beispiel tausende Kilometer Leitungen, um Wind- oder Solarparks auch aus dem Ausland an die Haushalte anzuschließen. Und dabei gilt das deutsche Netz noch als vergleichsweise gut ausgebaut und die deutschen Versorger als finanzkräftig. In anderen Industriestaaten wie etwa den USA sieht es viel dramatischer aus. Hier sind Stromausfälle keine Seltenheit, und viele Versorger stehen auf wackeligen Beinen.
Nach Schätzungen der Internationalen Energieagentur kostet es bis 2030 die unvorstellbare Summe von 10,5 Billionen Dollar, um den CO2-Ausstoß zumindest so zu begrenzen, dass die Temperatur auf der Erde nur um moderate zwei Grad ansteigt. Wird so weitergemacht wie bisher, fürchtet die Agentur bis zu sechs Grad Anstieg - "mit katastrophalen Konsequenzen für unser Klima".
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