Bonn - Die betroffenen T-Mobile-Kunden können nicht mit einer Gutschrift für den Totalausfall des Handynetzes rechnen. Das Telekommunikationsunternehmen räumte allerdings den Versand kostenloser SMS am nächsten Sonntag ein. Die vertraglichen Geschäftsbedingungen von T-Mobile sähen bei solchen Störungen grundsätzlich keine Entschädigungen vor, sagte Unternehmenssprecherin Marion Kessing am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur dpa in Bonn. Das Netz könne auch mal "anfällig sein". Die Konzernspitze bedauerte die stundenlange Störung und entschuldigte sich bei den Kunden. Als Geste der Wiedergutmachung bot T-Mobile den Kunden an, sie könnten an diesem Sonntag umsonst und unbegrenzt Standard-SMS im Inland in alle Netze verschicken.
Nicht nur bei Menschen mit einem dünnen Nervenkostüm löste der Ausfall von
T-Mobile am Dienstagnachmittag große Sorgen
aus: Mehrere hundert Anrufe in kürzester Zeit alleine beim hessischen Radiosender FFH zeigen, welche Ängste der Zusammenbruch des Handynetzes auslösen kann. Dass auf einmal die Selbstverständlichkeit des mobilen Anrufs oder der kurzen
SMS nicht mehr möglich ist, war für viele ein Schock. Doch obwohl es vor genau einem Jahr auch bei Vodafone große Probleme gab, sehen Experten darin eine seltene und extreme Ausnahme.
Dem Mobilfunkexperten Rudolf Opitz von der Fachzeitschrift "c't" fällt für den Ausfall bei T-Mobile nur ein Vergleich mit einem Atomkraftwerk ein. "Wenn es ein AKW gewesen wäre, wäre es die Kühlwasserpumpe gewesen", sagt Opitz zur Einordnung. Denn beim mit knapp 40 Millionen Kunden größtem
Mobilfunkanbieter Deutschlands war nicht weniger als das komplette "Gedächtnis" ausgefallen. Die Folgen des Mobilfunk-GAU waren zwar am Mittwoch vollständig behoben, alle Nutzer konnten wieder telefonieren und SMS verschicken wie gewohnt. Die Ursachenforschung dauerte aber an - und damit auch die Frage, wie groß die Wiederholungsgefahr ist.
Telekom-Chef René Obermann sagte N24 zu den Problemen des Tochterunternehmens nur knapp, "so ein komplexes Netz ist eben an manchen Stellen nicht komplett abzusichern". Als Grund des Ausfalls gab T-Mobile einen Softwarefehler im sogenannten Home Location Register (HLR) an. Dort sind alle Handynummern der Kunden hinterlegt, zudem ist das HLR dafür verantwortlich, eine Verbindung zwischen den einzelnen
Handys herzustellen - also für die entscheidenden Funktionen des Mobilfunkanbieters.
Die Bundesnetzagentur forderte umgehend Informationen von T-Mobile an, ob das Unternehmen sich nach den gesetzlichen Vorgaben auf dem neuesten technischen Stand gehalten hat. Aber für Experten sieht es so aus, dass es da keinen Anlass für Kritik gibt: Das HLR war durch insgesamt drei Hochleistungsrechner abgesichert, die von den Einstellungen her identisch waren und sich hätten eins zu eins ersetzen können. Doch am Dienstag fielen alle drei aus.
Was dies ausgelöst haben könnte, blieb eher unklar: T-Mobile sprach vage von einem "Softwarefehler". Welcher Softwarefehler es aber genau war, ist nach Ansicht von Mobilfunkexperte Opitz die entscheidende Frage. Denn nach den Informationen von c't arbeitet das HLR von T-Mobile mit Anlagen von Nokia Siemens, die wiederum mit einer Software von Apertio laufen. Anfang vergangenen Jahres hatte Nokia Siemens den britischen Hersteller gekauft.
Die Apertio-Software werde weltweit von einer ganzen Reihe Mobilfunkanbietern genutzt, sagt Opitz. Sollte es also ein grundsätzliches Problem dieser Software geben, könnte das auch andere Netze betreffen - zumindest ein Update des Programms wäre nötig, um eine Wiederholung wie im Fall von T-Mobile auszuschließen.
Vor fast genau einem Jahr hatte es auch bei Vodafone große Probleme mit dem Netz gegeben, ohne dass es damals allerdings zu einem Totalausfall gekommen ist. Vodafone hat die damaligen Probleme nach eigenen Angaben vollständig gelöst und auch T-Mobile versprach, die Schwierigkeiten jetzt rasch zu suchen und dann zu lösen.
Manfred Breul, Bereichsleiter Telekommunikation beim Branchenverband Bitkom, sieht im Fall T-Mobile und auch Vodafone keinen Hinweis auf grundsätzliche Probleme der deutschen Netze. Im Gegenteil: "Grundsätzlich sind die Netze sehr robust", sagt Breul. "Die Systeme sind redundant aufgebaut, so dass im Normalfall ein bundesweiter Ausfall nicht auftreten sollte." Aber manchmal stecke der Teufel eben im Detail. "Eine kleine Restunsicherheit" könnten die Techniker nie ausschließen.
Die T-Mobile-Kunden behalfen sich am Dienstag, so gut es ging: Manche liehen Handys anderer Anbieter, andere suchten sich eine Telefonzelle. Und auch der Feuerwehrmann, der einen Kameraden erreichen musste, kam weiter: Statt per Handy übermittelte er per Radio FFH seine Nachricht.