In der Kritik stehende Finanzbranche gelobt Besserung
Stand: 02.01.2013
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa
Frankfurt/Main - Kaum eine Branche stand in den vergangenen Jahren so in der Kritik wie die Finanzbranche. Doch die gelobt nun Besserung. Bei den Kunden kommt der Imagewandel nur zögerlich an.
Zur "fairsten und kompetentesten Bank Deutschlands" will die Commerzbank werden. Die vollmundige Ankündigung der "Bank an Ihrer Seite" darf als vorläufiger Höhepunkt einer um Vertrauen werbenden Branche gelten. Bessere Angebote sollen Kunden und Kritiker überzeugen.
Dass dabei auch ungewöhnliche Schritte gewagt werden, zeigt das Insitut mit seinem viel diskutierten Werbespot mit der selbstkritischen Eingangsfrage "Woran liegt es, dass man den Banken nicht mehr vertraut?" Es seien "in den letzten Jahren Vorurteile geboren worden, nicht ohne Grund", bilanzierte der Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, im November. Zwei Wochen vor Weihnachten geriet das Institut erneut in die Schlagzeilen: Razzia bei der Deutschen Bank. Beim Handel mit Luftverschmutzungsrechten soll nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein, Verdacht auf Geldwäsche und versuchte Strafvereitelung. Fünf Mitarbeiter wurden verhaftet.
Mit einem Beschwerdeanruf beim hessischen Ministerpräsident nach der Polizeiaktion verspielte Fitschen weiteres Kapital - auch wenn er den Anruf später als Fehler bezeichnete und sich öffentlich entschuldigte. Der 64-Jährige, der in der Politik gut vernetzt ist, habe "mit einem einzigen Anruf dafür gesorgt, dass er über alle Fraktionen hinweg zum Buhmann geworden ist", kommentierte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung".
Die Negativliste der Branche ist lang. Mancher Investmentbanker zockte das Weltfinanzsystem an den Rand des Abgrunds - und machte sich selbst die Taschen voll. Anleger bekommen für Erspartes kaum noch Zinsen - obwohl sich Banken seit Monaten mit extrem billigem Zentralbankgeld versorgen können. Klagen gegen vermeintlich falsche Beratung landen immer wieder vor Gericht.
Der Banker als Buhmann
Der Banker als Buhmann der Nation. "Die Gefahr, dass man in Sippenhaft genommen wird, ist schon sehr, sehr groß", sagt der Vorstandsvorsitzende der genossenschaftlichen DZ Bank, Wolfgang Kirsch. Ein anderer Frankfurter Banker klagt: "Was heute den Menschen in der Bank alles passieren kann, absolut redlichen Menschen." In einer Liste geschätzter Berufe führten die Allensbacher Meinungsforscher im Jahr 2011 Banker abgeschlagen auf dem letzten Platz - gleichauf mit Fernsehmoderatoren und knapp hinter Politikern.
Nun entdecken Banken reihenweise den Kunden wieder. "Kulturwandel bedeutet für alle Banker, die Frage zu beantworten, dass wir bei all unserem Handeln das Interesse unserer Kunden in den Mittelpunkt stellen", sagt Deutsche-Bank-Manager Fitschen. Commerzbank-Chef Martin Blessing formuliert seine Vision für die Commerzbank 2016 so: "Ich möchte eine Bank, der die Kunden vertrauen können." Die Volks- und Raiffeisenbanken betonen über ihren Dachverband BVR ihr "nachhaltiges und kundennahes Bankgeschäft".
Falsche Werbeversprechen
Hinter den glänzenden Werbefassaden offenbart sich bisweilen ein gegenteiliges Bild. Wo "Testsieger", "fairste Bank" oder "Top-Konditionen" draufsteht, ist das nicht immer drin, wie die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen im Oktober enthüllte. Ihr Schluss nach einer Stichprobe unter 15 Geldinstituten: Fast jede zweite der zu Werbezwecken genutzten Auszeichnungen war mindestens zwei Jahre alt. Mitunter schmückten sich Institute auch mit fremden Federn - etwa wenn der Mutterkonzern gute Noten der Tochter nutzte.
Mit bunten Plakaten und netten Sprüchen allein, das geben auch Insider zu, wird die Branche nach Jahren der Krise das Vertrauen nicht wieder erlangen. "Wir lassen uns sehr stark davon leiten: Was ist für unsere Kunden wichtig?" - so formuliert Commerzbank- Privatkundenvorstand Martin Zielke den Anspruch.
In der rauen Wirklichkeit bleibt der Wettbewerb um Kunden hart. "Insgesamt stellt sich für die deutsche Kreditwirtschaft bei gestiegenen Kosten und härterem Wettbewerb die Frage, ob es in Deutschland ausreichend auskömmliches Geschäft für alle Banken gibt", stellte Bundesbank-Vizepräsidentin Sabine Lautenschläger fest.
Nachrichten zum Thema
- LBBW zerrt Deutsche Bank in USA vor Gericht
- Steueraffäre: Neue Vorwürfe gegen die Deutsche Bank
- Deutsche Bank: Fitschen weist Steuerbetrug-Vorwürfe zurück
- Deutsche Bank will Image aufpolieren und Kosten senken
- Razzia bei der HypoVereinsbank: Verdacht der Steuerhinterziehung
- Commerzbank will Privatkundengeschäft umbauen
- Commerzbank feilt an neuer Strategie
- Kreise: Commerzbank lotet Verkauf des Depotbank-Geschäfts aus