Experten: EZB steuert auf Zinspause zu
Stand: 02.09.2011
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Frankfurt - Die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte ihren im Frühjahr begonnenen Zinserhöhungskurs laut Experten bis auf weiteres nicht fortführen. Nach zwei Zinsanhebungen im laufenden Jahr - den ersten Erhöhungen nach der Finanzkrise - gehen die meisten Branchenexperten zumindest bis Mitte 2012 von einem unveränderten Leitzins bei 1,5 Prozent aus.
EZB-Präsident Jean-Claude Trichet dürfte damit an diesem Donnerstag (8. September) nach der EZB-Ratssitzung keine Signale für eine dritte Zinserhöhung nach der Krise senden. Besonderes Augenmerk gilt den neuen Projektionen des EZB-Mitarbeiterstabs zu Inflation und Wachstum.
Die meisten Bankvolkswirte gehen davon aus, dass die Notenbank sowohl ihre Inflations- als auch die Wachstumsprognosen nach unten revidieren wird. EZB-Chef Trichet hatte am vergangenen Montag vor dem Europaparlament angekündigt, dass die Zentralbank derzeit ihre Einschätzung zur mittelfristigen Inflationsentwicklung überprüft. Bereits dieser Hinweis wurde von vielen EZB-Beobachtern als Indiz gewertet, dass die Notenbank vor einer Zinspause steht. Bis vor kurzem hatte Trichet noch regelmäßig auf spürbare Inflationsgefahren hingewiesen.
Zinssenkungen der EZB, wie beispielsweise seitens Nobelpreisträger Joseph Stieglitz gefordert, sind aus Sicht der meisten Volkswirte aber unwahrscheinlich. "Wir bezweifeln, dass die EZB diesem Ruf folgen wird", schreibt Commerzbank-Experte Michael Schubert in einer Studie. Im Unterschied zur US-Notenbank Fed behalte sich die EZB außergewöhnliche Maßnahmen für Extremsituationen vor, argumentiert Schubert. Sollte eine Eskalation der Schuldenkrise vermieden werden, dürften im EZB-Rat die Sorgen vor den Folgen einer zu expansiven Geldpolitik wie Preisblasen an den Vermögensmärkten überwiegen.
Auch die Experten der Postbank rechnen stark mit einer Zinspause im Euroraum. Sie argumentieren zum einen mit dem Ankauf von Staatsanleihen seitens der EZB. "Weitere Zinsanhebungen würden diese Maßnahme konterkarieren", schreiben die Volkswirte mit Blick auf die bis zuletzt rückläufigen Renditen an den Anleihemärkten Italiens und Spaniens. Zum anderen sei die Inflationsentwicklung zuletzt freundlich ausgefallen, so dass der Zinserhöhungsdruck auf die Notenbank etwas nachgelassen habe. "Außerdem spricht die Geldpolitik der Fed, die die Leitzinsen wohl noch bis ins Jahr 2013 auf dem aktuellen Niveau belassen wird, gegen weitere Anhebungsschritte der EZB."